„Seit ich arbeite, schneide ich die Rinde ab“

Brot

Post von Lotte – ich freue mich!

Mein Arbeitsanfang steht vor der Tür und ich habe sie gefragt, wie es ihr damals ergangen ist. Ich freue mich riesig auf den Wiederanfang. Aber ich frage mich, ob mein Gewissen es wirklich gut heißt.

In letzter Zeit war ich unruhig. Ich merkte, dass ich ungeduldig werde, angespannt bin und die Freiheit herbei sehne, wieder arbeiten gehen zu dürfen. Ich denke, ich bin eine bessere Mutter, wenn ich arbeiten gehen kann. Leider ist mein Umfeld nicht davon überzeugt. Das schlechte Gewissen kommt immer mal wieder heimtückisch um die Ecke und klopft auf die Schulter: „Bist du ganz sicher, dass dein Kind gut aufgehoben ist? Es wäre doch sicherlich besser, wenn du dich Vollzeit kümmern würdest, oder nicht?“

Ich frage bei Lotte nach. Wie ist das mit dem schlechten Gewissen? Hat das Einfluss auf die Erziehung ihrer Kinder? Wird man deshalb gleich zur Über-Mutti, die ihre Kinder mit Süßigkeiten und Teddybären überhäuft?

Lotte lacht. Ihre Antwort: „Seit ich arbeite, schneide ich meinen Kindern die Rinde am Brot ab. Manchmal sogar die Schale am Apfel, weil sie die nicht mögen. Ich mache es mit dem vollem Bewusstsein, dass das eigentlich nicht sein müsste und ich nur das trotzige Kindergeschrei scheue. Dabei möchte ich die Zeit mit den Kindern genießen. Also ja, in manchen Dingen bin ich wahrscheinlich inkonsequent. In anderen Dingen wiederum ist eine Diskussion aufgrund des Zeitmangels einfach nicht möglich. Zum Beispiel was das abendliche Zubett-Gehen betrifft. Wenn ein Ausschlafen am nächsten Tag nicht geht, muss es abends einfach zeitig in die Betten gehen. Vielleicht toleriere ich auch etwas zu häufig das nächtliche Familienbett (zumindest wenn es nach den Meinungen einiger meiner Freundinnen geht), weil ich die Nähe zu den Kindern selbst genieße. Manchmal muss ich über mich selbst den Kopf schütteln. Aber meistens kann ich darüber lachen. Vielleicht bin ich deshalb eine #UnperfekteMutter, aber perfekt ist mir einfach zu anstrengend.“

In welchen Dingen seid ihr denn unperfekt geworden in euren Augen, seit ihr wieder arbeitet? Kommentiert zurück oder twittert unter dem Hashtag #UnperfekteMutter! Ich bin gespannt.

 

Bildquelle: flickr.com, by Irv Kagan Photos

Zurück in den Sattel

Pferd

Bald geht es zurück in den Sattel. Ich werde die anstrengenden, entspannten, freudigen, müden und glücklichen Tage in Elternzeit hinter mir lassen und wieder zur Arbeit im Krankenhaus übergehen.

Bis vor kurzem bestimmte eine innere Unruhe, zuweilen Aufregung und Angst dieses Thema. Wird mein Leben noch anstrengender und müder? Oder freudiger und glücklicher?

Mittlerweile wird meine Stimmung von reiner Vorfreude bestimmt. Die Eingewöhnung in der Kita ist in vollem Gange, mein Kind fühlt sich wohl. Mein Geist und mein Gehirn sind chronisch unterfordert. Ich habe eine Reihe für mich sehr untypischen Tätigkeiten begonnen um der geistigen Langeweile zu entgehen. Kreativität entsteht nur aus Langeweile. Das ist eine schöne Sache. Allerdings verdiene ich damit kein Geld.

Die zahlreichen Mamas starren mich jetzt sicherlich unglaubwürdig an. Es gibt so viel zu tun. Damit haben sie Recht. Es gibt immer etwas zu tun. Aber nichts davon grenzt an mein empfundenes Gefühl der Freiheit, endlich wieder arbeiten gehen zu dürfen.

Es verschafft mir Unabhängigkeit, Selbstwert, Selbstvertrauen und Geld. Mein Gehirn muss denken, überlegen, sich schnell auf Neues einstellen. Meine Beine müssen endlich wieder über die Flure gehen. Meine Hände müssen endlich wieder eine Schulter reponieren, ein Skalpell in der Hand halten oder einen Hammer.

In der Unfallchirurgie ist das Arbeiten von kurzen Erfolgen geprägt. Die Wunde ist vernäht, die Oberschenkelfraktur versorgt und die Prothese implantiert. Fertig. Das macht zufrieden.

Ich machen mir keine Illusion. Das Pferd wird mich immer und wieder abwerfen. Aber mittlerweile falle ich weich. Denn zu Hause wartet meist ein kleines Persönchen, das geknuddelt werden möchte.

 

Bildquelle: flickr.com, by Andrea & Stefan

„Irgendwann ist Feierabend“

Feierabend

„Arbeitende Mütter sind noch lange nicht so akzeptiert, wie arbeitende Väter.“

„Beruf und Familie klappen. Persönliche Freizeit bliebt nicht übrig.“

Wie ihre Leben als Ärztinnen und Mütter aussehen, schildern eine Chirurgin, eine Psychiaterin und eine Anästhesistin im Interview, hier auf dem Blog.

Die Interviews sind ehrlich, persönlich und ungeschönt. Sie handeln von Prioritäten, notwendiger Abgrenzung und dem Schritt, die Kinder in die Fremdbetreuung zu geben.

Vielen Dank für die Beantwortung der Interviewfragen! Ich bin sicher, dass sich einige angehende Ärztinnen und werdende Mütter fragen, wie eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf, möglich ist.

Wenn ihr auch Teil dieses Blogs werden und anderen Frauen ein Beispiel geben wollt – einfach mitmachen, Fragen beantworten und an mich zurück senden auf unfallchirurginundmutter[@]googlemail.com. Ich freue mich auf eure Antworten!

 

Bildquelle: flickr.com, by Rolf Dietrich Brecher

Jungen kochen, Mädels sägen, reicht nicht

Rollenverständnis

„Solange Väter Elternzeit ablehnen oder auf die zwei Anstandsmonate begrenzen, und auch sonst die Mutter dafür zuständig ist, ihre Termine zu verschieben, wenn etwas anders kommt als erwartet  – so lange sind Ärztin und Mutter sein, nicht zu vereinbaren.“

Eine Ärztin und Mutter von sechs Kindern berichtet auf meinem Blog, wie es ist, durch den Dschungel der Vereinbarkeit zu finden.

Ihre ausdrückliche Forderung: Wir müssen die Mädels im Kopf stark machen! Eine Vereinbarkeit ist nicht möglich, solange wir unsere Töchter, bewusst oder unbewusst, in ein altes Rollenschema hinein erziehen!

Hier geht es zum vollständigen Interview – vielen Dank dafür!

„Viele können nicht glauben, dass ich Mutter von sechs Kindern bin und noch arbeite.“

In einem weiteren Interview erzählt eine Anästhesistin und Mutter von 6 Kindern, wie es ist, ihren Alltag zu leben: einfühlsam, voll Freude, aber ohne die „After Work Party“. Vielen Dank!

Ich verneige mich vor euch. Für mich ist diese Aufgabe noch schwer vorstellbar, aber ich finde eure Antworten wunderbar ehrlich und inspirierend!

Wer mitmachen möchte  – HIER gibt es die Interviewfragen. Ausgefüllt einfach per Mail an unfallchirurginundmutter[@]googlemail.com oder als Kommentar zurück. Danke!

 

Bildquelle: flickr.com, by Frank Mago

 

 

 

Der härteste Job der Welt

harter job

„Meiner Einschätzung nach, ist Hausarbeit und Kinderbetreuung der härteste Job der Welt.“

„Aber als Teilzeitmutti wollte mich keine Klinik anstellen.“

„Meine Chefin bat mich, „kindkrank“, andersweitig zu organisieren.“

Das sind einige der neuesten Antworten zu meinen, nun schon bekannten, Interviewfragen für Ärztinnen und Mütter.

Die antwortende Neurologin ist Mutter zweier Kinder und berichtet vom Gerenne und Gezerre zwischen Familienleben und Arbeitswelt, auch auf emotionaler Ebene. Immer mit der Frage im Hinterkopf, wen man jetzt als erstes vernachlässigt – Patienten, Kinder oder Ehemann.

Vielen Dank für das ehrliche Interview.

Hier könnt ihr weiterlesen.

Wer anderen ehrlich erzählen möchte, wie die Vereinbarkeit zwischen Klinik und Kind gelingen kann – einfach mitmachen und die Interviewfragen auf unfallchirurginundmutter[@]googlemail.com zurückmailen!

 

Bildquelle: flickr.com, by Helge Thomas

Operation Baby & Beruf

Mutter im Sturm

2018. Wow. So schnell geht das. Da wird man schwanger, bekommt ein Baby und geht in Elternzeit. Und hat erst einmal Pause. Zeit zum atmen, zum leben. Zum Umdenken, zum Weg finden.

Aber plötzlich schrumpft diese Zeit, Woche für Woche. Ich entwickle so etwas Ähnliches wie Langeweile.

Ich habe viel zu tun, das ist es nicht. Aber ich werde plötzlich kreativ, bastel an Ideen, Überlegungen, spinne verrückte Sachen aus. Das ist gut. Mein Gehirn braucht Arbeit. Sonst schrumpft es.

Zum allerersten Mal seit ich Mutter bin, denke ich mit positiven Gefühlen an meinen Beruf. Ich schlage wieder die Bücher auf. Sehe mir operative Zugangswege an oder stelle mir die einzelnen Schritte bei Operationen vor. Die Entscheidung, in eine andere Klinik zu gehen, fühlt sich gut an. Und doch habe ich neben den zwei Ausfertigungen meines neuen Arbeitsvertrags, meinen Laptop aufgeklappt.

Wie geht es beruflich weiter?

Ich studiere die Weiterbildungsordnungen. Für Orthopädie und Unfallchirurgie. Für Rehabilitative Medizin. Für Allgemeinmedizin. Für Gesundheitsmedizin und Arbeitsmedizin. Für … wollte ich nicht einmal Gynäkologie machen?

Trotz der vermutlich besseren Arbeitsbedingungen in der neuen Klinik, fällt es mir schwer, mich als arbeitende Mutter in der Unfallchirurgie zu sehen. Wird es mir leicht fallen, mein Kind in eine Betreuung zu geben? Pünktlich von der Arbeit nach Hause zu gehen? Arbeit liegen zu lassen, weil mich meine Familie braucht und ich sie? Ist eine Vereinbarkeit überhaupt möglich? Wie wird die Aufteilung klappen zwischen meinem Mann und mir? Wie werden mein Mann und das Kind meine Nacht- und Wochenenddienste erleben?

Werde ich als arbeitende Mutter trotzdem in meiner von Männer dominierten Arbeitswelt gefördert werden? Werde ich weiterhin operieren dürfen und in meiner Facharztweiterbildung voran kommen? Werde ich meine Facharztweiterbildung überhaupt auch mit Kind meistern können? Wie viel Zeit brauchen wir als Familie? Wie viel Zeit brauche ich mit meinem Kind und mein Kind mit mir?

Ich bin beides: Unfallchirurgin und Mutter

Vielleicht werde ich ja doch Hausärztin. Sagen nicht alle, ein solches Arbeitsmodell sei besser mit der Familie zu koordinieren als ein Leben in der Unfallchirurgie und Orthopädie?

2018 wird ein Jahr der Entscheidungen. Aber meinem Kopf und meinem Herz ist jetzt schon einiges klar. Ich bin Unfallchirurgin und Mutter. Weder das eine noch das andere kann oder möchte ich ändern. Die zwei Welten in mir werden einen Kompromiss finden müssen.

Wie ist ein Alltag als Ärztin und Mutter organisierbar? Hier habe ich einen Fragebogen für alle Ärztinnen und Mütter entwickelt. Es haben bereits einige Leserinnen den Fragebogen ausgefüllt und ihn mir auf unfallchirurginundmutter[@]googlemail.com zurückgemailt. Freundlicherweise durfte ich auch schon mehrere davon anonym veröffentlichen.

Einer der neuesten Interviewbeiträge findet ihr hier – ausgefüllt von einer Ärztin, Internistin und Mutter von 4 Kindern. Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

Ich freue mich über zahlreiche weitere Rückmeldungen und Interviews, die ich veröffentlichen darf. Einfach mitmachen!

 

Bildquelle: flickr.com, by CircaSassy

Der Beitrag erschien zuerst auf doccheck.com